Dienstag, 17. März 2015
Global business ante portas.
Neue Herausforderungen für die Bundesliga.
Der neue TV-Vertrag für die nationalen Rechte der englischen Premier League löst Angst bei den Machern der Bundesliga aus. Was jetzt angesichts dieses machtvollen Drifts gefragt ist, ist eine „globale Wende“ der Bundesliga im Sinne einer globalen Markenstrategie. Nur so kann sich die Bundesliga aus der Defensive befreien.
Der spektakuläre Abschluss von 9,5 Mrd. Euro für die nationalen Rechte der Übertragung der Fußballspiele der Premier League in England in dem Zeitraum von 2016 bis 2019 kommt einem faszinierenden Aufbruch zu neuen Ufern gleich. Die finanziellen Rahmen- bedingungen des globalen Fußballmarktes werden gerade dramatisch verändert. Der Coup der Premier League wird die Branche voraussichtlich ähnlich nachhaltig verändern wie das Bosman-Urteil aus dem Jahr 1995.
Meiner Meinung nach muss dieses Thema bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) und den Bundesligaklubs jetzt mit höchster Priorität angegangen werden. Und es muss zwecks Durchsetzungsfähigkeit ein runder Tisch mit allen Key Playern gebildet werden. Ansonsten droht mittelfristig der Verlust an Relevanz und Attraktivität im internationalen Maßstab.
Die von der DFL für die Saison 2016/17 geplanten TV-Einnahmen von 835 Millionen Euro sind im Vergleich zu den ca. 3,2 Mrd. € pro Saison in England alles andere als weltmeisterlich. Oder anders ausgedrückt: Während die Premier League für jedes einzelne Spiel durchschnittlich 13,6 Millionen Euro einnimmt, kassiert die DFL lediglich 1,1 Millionen Euro.
Was von den Machern der Bundesliga auf Seiten der DFL und der Klubs jetzt gefragt ist, ist die Entwicklung einer globalen Markenstrategie, die deutlich über die Vermarktung des Produkts Bundesliga hinausgeht. Wir brauchen eine Strategie, die aus einer offensiven Entdeckerfreude resultiert. Und was wir nicht brauchen, ist eine defensive Me-too-Strategie, die das Ergebnis einer Mischung aus Angst und Strategie-Inkompetenz wäre.
England hat aufgrund seiner globalhistorischen Vergangenheit des British Empires bzw. Commonwealths einen natürlichen Wettbewerbsvorteil in Sachen globaler Denkweise. Dieser globale Horizont fehlt der Bundesliga bis heute. Das Management des deutschen Fußballs hat in Bezug auf die Arena des globalen Business‘ einen dringenden Nachholbedarf.
In den ersten öffentlichen Reaktionen auf die „englische Bedrohung“ geht es (noch?) nicht um Fragen und Antworten zu solch einem globalen Strategieansatz. Stattdessen werden bis dato ausschließlich Vorschläge zur Umsetzung diskutiert, die den TV-Erstverwertern mehr Exklusivität einräumen. Me-too-Maßnahmen à la Montagsspiel, 12-Uhr-Anstoßzeiten, Verlegung der Sportschau etc. werden jedoch nicht ausreichen, um den Rückstand auf die Premier League wettzumachen.
Das Verhalten ist momentan noch rein kopierendes Reagieren. Gefordert ist jedoch vielmehr ein eigenständiges, vorwärtsdenkendes Agieren. Sprich, die Bundesliga braucht jetzt dringend ein innovativ-kreatives Konzept für eine globale Zukunft. Gefragt sind smarte Lösungsvorschläge und, lieber Herr Seifert, wirklich „mutige Entscheidungen“. Die Vermarktung der Bundesliga braucht dringend sowohl für den nationalen Kontext als auch den globalen Kontext ein Konzept, das diesen Namen auch verdient. Kurzum: Es geht jetzt um Stärken stärken. Und um: Globaler Fokus. Globaler Fokus. Globaler Fokus.
Um dem Ganzen noch ein weiteres Wort der Kritik anzufügen: Der Bundesliga fehlt diese globale Vermarktungsstrategie übrigens nicht erst seit heute wegen dieses bahnbrechenden TV-Abschlusses in England. Die Verantwortlichen der Bundesliga haben es in den letzten 25 Jahren schlicht versäumt, ihr Produkt und vor allem ihre Marke global aufzustellen. Hier waren und sind uns die englische und die spanische Liga weit voraus - und sogar die eher schwachen Ligen in Italien und Frankreich sind uns in Relation zu unserer weltmeisterlichen Attraktivität teilweise etwas voraus. Dieser durchaus grundsätzlichen Kritik muss sich unsere Fußballbranche heute proaktiv stellen.
Nach der epochalen Zeitenwende 1989/90 hat man die durchaus sichtbaren und hörbaren globalen Zeichen der Zeit nicht erkannt - oder nicht erkennen wollen. Man hat viel zu lange national - bzw. in wenigen Fällen zumindest westeuropäisch - gedacht. Erst seit ca. 2012/2013 ist die Branche sukzessive aus dem national-westeuropäischen Dornröschenschlaf erwacht und hat erkannt, dass sich auch die Fussballwelt verwandelt hat; dass es auch noch andere sehr attraktive Märke auf unserem Globus gibt – wie z.B. Nordamerika, Lateinamerika, Ostasien, Südostasien, Osteuropa und Afrika.
Die Bundesliga braucht jetzt dringend Manager bzw. Berater, die sich in erster Linie nicht durch ihre Fußball-Spezialistenkompetenz, sondern durch ihre Fähigkeit zu einem globalen Problem- und Lösungsmanagement auszeichnen. Wir brauchen dringend eine globale Schubkraft für die Bundesliga.
Wenn das jetzt initiiert wird, wird diese englische Herausforderung zu einer globalen Chance für die Bundesliga. Das globale Potential ist definitiv vorhanden. Man muss es jetzt „nur“ mal realisieren. Also, let’s do it!!